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Salvador da Bahia
Salvador - Bahia de Todos os Santos - Itaparica - Salvador
"Como vai, tudo bem?" Um ehrlich zu sein: "Não falo português." Aber auch ohne brasilianisch zu sprechen gefällt es uns sehr gut hier. Wir liegen im Centro Nautico von Salvador, zusammen mit einem Dutzend anderer Fahrtenyachten aus aller Welt. Die meisten von ihnen sind eben in Europa losgefahren und via Kanarische und Kapverdische Inseln hierher gesegelt.
Die MON AMIE liegt ganz nah am Stadtzentrum. Wir gehen nur wenige Minuten zu Fuss, und schon können wir mit dem berühmten Aufzug, dem Elevador Lacerda, die über 70 Meter Höhenunterschied von der Unter- zur Oberstadt überwinden. Von der Praça Tomé de Souza sind es dann nur ein paar Schritte zum Centro Histórico, dem Stadtviertel Pelourinho.
Früher wohnten hier nur die ärmsten Leute in heruntergekommenen Häusern, war es Rotlichtbezirk und Drogenumschlagplatz zugleich. Durch Aufnahmen des Musikers Paul Simon in und um diese alten Barockbauten, rückten die kopfsteingepflasterten Gassen und Plätze ins Licht der Öffentlichkeit. Heute avanciert der Pelourinho zum bevorzugten Ausgehviertel der in- und ausländischen Touristen und der bahianischen Mittel- und Oberschicht.
Wir schlendern gerne durch die schattigen Gassen, genehmigen uns hier eine frische Trink-Kokosnuss und dort einen Capirinha, schauen den akrobatischen Capoeira-Kämpfern zu und haben uns auf dem farbigen Markt eine brasilianische Hängematte gekauft!
Das alles sahen wir uns nach der Ankunft von Südafrika erstmal nur kurz an. Am Ankunftstag gingen wir kaum an Land, so stark hat es geregnet. Ein stundenlanger tropischer Regenguss hat uns nämlich in Brasilien empfangen, und zwar so nass, wie man es in Mitteleuropa nur von kurzen Gewitterschauern her kennt. Man stelle sich das vor: nach zwei Mal 21 Tagen auf See gehen die Spinner gerade Mal ein paar Schritte an Land.!
Doch uns war das völlig egal. Es wurde sowieso schon fast dunkel, und so kramten wir die letzten Kartoffeln und Karotten hervor und tischten zusammen mit Champagner, Rotwein, Dosenschinken, Zwiebeln, Knoblauch und Spiegeleiern ein Festessen auf den Tisch. Die Betonung darf gerne auf allem aufgezählten liegen, doch vor allem auf "Tisch", denn am Tisch gegessen haben wir schon lange nicht mehr. Umso gemütlicher ist es, zumal der Regen auf unser dichtes Deck prasselt, weil wir so lange sitzen bleiben können wie wir wollen.
Wie schon einmal gesagt, es braucht im Leben auch Ambiente, und das haben wir jetzt nicht nur um uns herum sondern auch in unseren Köpfen. Unzählige Bilder und Erlebnisse der letzten sieben Wochen sprudeln aus uns heraus und machen diesen Abend einzigartig. Zufrieden und satt gehen wir dann, alle zusammen, in unsere Kojen und schlafen wohlig ein. Die MON AMIE liegt ganz ruhig im Wasser. Auch sie hat sich eine Pause verdient.
Lange dauerte diese Pause nicht, und schon schäumt wieder Salzwasser um den Bug der MON AMIE. Unser Ziel ist die nahe gelegene Insel Itaparica in der Allerheiligenbucht. Wir freuen uns auf einen lauschigen Ankerplatz, und dass Bea noch etwas Brasilien erleben kann, bevor sie nach Hause fliegt. Wir liegen hier vor einem ganz kleinen und ruhigen Dorf. Natürlich viel ruhiger als Salvador mit drei Millionen Einwohnern. Wir machen eine Inselrundfahrt, lange Spaziergänge um unsere Seebeine wieder etwas gängig zu machen, waschen endlos Kleider und Bettwäsche und bestellen per E-mail die Ersatzteile für unsere Windsteueranlage.
Und natürlich feiern wir auch Bea's und zwei Tage später Lenny's allerersten Geburtstag. Dafür blasen wir das Planschbecken auf und laden die Kinder von zwei befreundeten Yachten ein - Kindergeburtstag in Brasilien.
Zurück im Centro Nautico in Salvador heisst es Abschied nehmen. Bea fliegt nach drei Monaten Urlaub über Rio de Janeiro, Sao Paulo und London nach Zürich. Sie hat sich völlig in das Leben an Bord eingewöhnt und es war toll, sie bei uns zu haben. Sie fliegt mit einem riesigen Schatz an Erlebnissen im Kopf und einem prallen Logbuch im Gepäck nach Hause.
Auch wir steigen in die Arbeitshosen um die MON AMIE für den letzten grossen Schlag dieser Reise vorzubereiten. Von hier aus richten wir den Bug nach Europa, wir segeln nach Hause!
Drei bis vier Jahre wollten wir ursprünglich segeln gehen, am liebsten um die Welt. Davon haben wir geträumt und für so lange hatten wir in etwa gespart. Bis am Schluss werden es jetzt fast fünf Jahre sein - rund um Afrika.
Wir spüren, dass es Zeit ist, unsere grosse Reise langsam zu beenden, unser tolles Schiff und uns selbst in heimatliche Gewässer zu steuern. Doch wir fühlen uns noch mittendrin im Abenteuer, denn kurz wird der Heimweg nicht, und langweilig sicher auch nicht. Wir befinden uns noch auf der Südhalbkugel, haben also Äquator, Wendekreis, Nordatlantik, Nullmeridian und vieles mehr noch vor uns!
Als wichtigstes Crewmitglied muss als erstes unsere Selbsteueranlage wieder an Bord. Die Zusammenarbeit mit Peter Förthmann in Hamburg klappt vorzüglich und wenige Tage später sind die Ersatzteile für unsere Windpilot Pacific Plus am Flughafen von Salvador unter Zollverschluss. Und da liegen sie auch erst mal über eine Woche, denn der hiesige Zoll streikt!
Was soll's? Wir regen uns über solche Dinge nicht einmal mehr auf, sondern warten einfach, bis der Streik wieder vorbei ist. Da haben wir schliesslich schon ganz anderes erlebt.
Mittlerweile ist der Streik vorüber, der Papierkrieg mit dem Zoll vorbei und unser Windpilot erstrahlt tiptop montiert am Heck. Ein paar andere kleinere Reparaturen haben wir auch erledigt und das meiste an Lebensmitteln ist bereits eingekauft und verstaut. Aber ab und zu legen wir natürlich einen Strandtag ein!
Lenny macht all das mit und entwickelt sich prächtig. Er klettert jetzt schon den steilen Niedergang hoch. Das sieht zwar sehr beängstigend aus, doch er macht das sehr geschickt. Einen besseren Bordjungen könnten wir uns wirklich nicht wünschen! Er macht unsere Abenteuer für uns noch viel gehaltvoller als zuvor. Zur Sicherheit haben wir auch am Niedergang noch ein Netz montiert für die nächste Fahrt.
Er sitzt und steht stabil und beschäftigt sich nun auch mal ausdauernd mit sich selber. So hoffen wir, einen einigermassen normalen Wachplan gehen zu können. Wir werden sehen.
Mit dem nächsten guten Windbericht laufen wir aus. Alles was unser Kompass zwischen Nord und Ost anzeigen wird ist gut. Wo wir stoppen werden, entscheiden wir erst während der Fahrt. Doch jede Seemeile geht Richtung Europa. "Rolling Home!"
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