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Drei
Monate in Djibouti
Djibouti
– Golf von Tadjoura – Djibouti.
Türkisblaues
Wasser leuchtet unter der MON AMIE. Der Anker ist sicher und fest eingegraben.
Puderweich fühlt sich der Sand am Strand unter unseren Füssen
an. Vom Ufer trennt uns ein einzigartiges Riff! Riesige Napolenfische,
grosse Zackenbarsche, bunte Papageienfische, wendige Lippfische, furchteinflössende
Muränen und vieles mehr tummelt sich hier zwischen völlig intakten
Korallenstöcken. Das Wasser ist glasklar, die Sicht unter Wasser
gigantisch! Der Strand ist menschenleer. Wir lassen die Seele baumeln
am 'Sables Blancs' im Golf von Tadjoura!
Durch Harpune
und etwas Kondition gibt es jeden Abend frischen Fisch auf den Teller:
so frisch wie er nur sein kann, nämlich vom Wasser direkt in die
Pfanne! An Weissweinsauce, in Butter gebacken, auf Gemüsebeet pochiert...
Wir erkunden zu Fuss die nähere Umgebung. Von der Anhöhe über
dem Sable Blanc ergibt sich ein traumhafter Blick auf die MON AMIE und
das türkisblaue Wasser. Doch das Wasser war zuvor lange Zeit alles
andere als türkisblau...
Wir haben
eine sehr turbulente und aufreibende Zeit hinter uns. Wir sind hier in
Djibouti am dritten November angekommen. Am exakt gleichen Tag stieg eine
unbemannte amerikanische Aufklärungsmaschine vom Typ 'Predator'
von einer Basis in Djibouti auf und schoss über dem wenige Seemeilen
von uns entfernten Jemen eine 'Hellfire'-Rakete auf ein Auto
ab, in dem der Qaida-Führer Ali Kaid Sinjan al-Harithi vermutet wurde.
Doch davon wussten wir damals noch nichts.
Unser Freund Thomas erwartete uns bereits in Djibouti, um mit nach Kenya
zu segeln. Was dann überhaupt nicht klappte. Doch davon wussten wir
damals auch noch nichts.
Im Roten
Meer brachen ja 'sinnigerweise' jeweils an beiden Motoren
die Dichtungen der Wasserpumpe. Endlich in Djibouti angekommen, war für
uns der Reparaturweg klar. Beim Einbauen der reparierten Pumpe stiess
ich dann auf Probleme und wollte einen Mechaniker zu Hilfe holen. Er kam,
sah, aber siegte nur vorerst. Immerhin konnte er die Pumpe einbauen. Aber
der Motor klang schlimm. Er fand heraus, dass alles im Motorinnern durch
das Salzwasser verklebt war, d.h. Dieselförderpumpe, Ölpumpe,
Ventilspiel etc. Er montierte alle betroffenen Aggregate ab, reinigte
sie und montierte wieder alles. Danach war der Ton wieder normal. Wir
waren sehr glücklich, denn eigentlich wollten wir nur ein paar Tage
in Djibouti bleiben, und nun waren es mittlerweile doch schon fast 2 Wochen.
Immerhin hatte Thomas in Kenya einen Flug...
Nun konnten
wir endlich auslaufen! Vorher noch fertig bunkern. Christa und ich hatten
in dieser Zeit eine starke Fiebergrippe bis 40°, so waren noch einige
Arbeiten am Schiff nötig wie Unterwasser reinigen, zusätzliche
Dieselbidons für den Gegenwind im Golf von Aden richtig verstauen,
Öl- und Dieselfilterwechsel an allen drei Maschinen inklusive Hydrauliköl
für Getriebe und Steuerung checken, Seewasser- und Grobfilter reinigen,
lazy-jacks kürzen, Teakfugen erneuern, Grosseinkauf machen, Diesel
und Wasser tanken und vieles mehr.
.
Im Hafenankerplatz von Djibouti kommt bei jeder Ebbe die ganze ungeklärte
Darmanalyse von den Slumbewohnern am Strand zu schwimmen. Die Sichtweite
unter Wasser variiert zwischen fünf und fünfzig Zentimeter.
Duschen hat es nirgends mehr, seit der Yachtclub geschlossen wurde. Das
war besonders unangenehm mit Fieber! Ab und an schwimmt Kacke von den
Slums durch, was zum erfrischenden Sprung ins kühle Nass auch nicht
sehr motiviert. Um das Dinghy bei Landgang sicher am Ufer lassen zu können,
muss man jeden Tag Schutzgeld bezahlen. Eingebrochen wurde bei uns auch.
So gab es wirklich genügend Gründe, dass wir für alle noch
ausstehenden Arbeiten auf die vorgelagerten traumhaften Iles Moucha wollten.
Endlich mal schnorcheln, sauberes Wasser, Ruhe. Wieder einmal so ein bisschen
Paradies-Zeugs, immerhin einer der Hauptgründe für diese Reise!
„Auf
nach Kenya“! brüllten wir dann nach getaner Arbeit und vielen
Schnorchelgängen einige Tage später in der Riffausfahrt. Eine
fröhliche Viertelstunde später stellte der Backbordmotor wieder
ab. Er liess sich nicht mehr starten. Natürlich mussten wir zurück
nach Djibouti. Und zurück zum Scheisskegel-Ankerplatz.
Sofort gingen Thomas und ich wieder diesen Mechaniker holen. Noch am selben
Tag kam er, schraubte und schraubte, schwitzte, fluchte und der Motor
tönte immer schlimmer und fing plötzlich richtig an zu nageln!
Es war schon zehn Uhr nachts und wir merkten, dass ihn unser Problem überforderte.
Also nochmals 'von vorne' anfangen mit jemand anderem? Kann
das Thomas zeitlich mit Kenya noch reichen? Wir hatten gar keine Wahl,
denn nach unseren Vorstellungen von Seemannschaft können wir nur
top fit auslaufen. Immerhin erwarten uns fast 3000 Seemeilen, davon 800
durch den Golf von Aden mit Wind auf die Nase. Da brauchen wir einwandfrei
funktionierende Motoren!
Wir mussten einen besseren Fachmann finden. Doch das ist hier in Djibouti
nicht so einfach. Der Mechaniker Ali machte dann einige Tage später
einen guten Eindruck und sprach französisch. Er schockierte uns aber
zutiefst mit seiner Diagnose: „da liegt ein Lagerschaden vor, der
Motor muss ausgebaut werden!“ Bong!!
Das
war ein Schlag ins Gesicht für uns, denn wir waren immer noch total
auf Auslaufen fixiert. Kenya lockte! Einen Motor ausbauen war für
uns weder zeitlich noch technisch fassbar. Chris von der DUNSANDLE, seinerseits
Maschineningenieur, schaute sich das Problem an und bestätigte die
Diagnose!
Also ran:
Lagersets in Europa bestellen... mit UPS kann das in 24h hier sein...
so verspricht es jedenfalls die Werbung... eine Odyssee nahm ihren Lauf...!
Als
wir die Motoren geöffnet hatten, kamen sehr abgenutzte Lager zum
Vorschein. Eine Lagerschale war gar nicht mehr vorhanden, komplett aufgefressen!
Daher kam auch das 'Nageln'. Wäre das ein paar Motorenstunden vorher
passiert, im Sturm vor Bab-el Mandeb damals... wir hätten es wohl
kaum richtig gedeutet. Kamen wir doch mit Vollgas und Grosssegel nur mit
2-3 Knoten über Grund gegenan. Wir hätten wohl mit ziemlich
grosser Sicherheit einen Totalschaden an der Backbordmaschine eingefahren.
Doch was führte eigentlich zu diesem Lagerschaden? Ich habe immer
sauber in den vorgeschriebenen Zeitabständen Öl- und Filterwechsel
gemacht. Als die Ölwanne zum Vorschein kam, traf uns fast der Schlag:
sie war dick voll mit schwarzem Brei. Eine Synthese von Altöl, Maschinenabrieb
(die ganze fehlende Lagerschale war ja da drin, und auch im Ölfilter,
verteilt), Salzrückständen vom Meerwasser und ich weiss nicht
was. Jedenfalls eine grosse Schweinerei! Da nützten meine korrekten
Ölwechsel wenig. Das neue Öl hatte sich jeweils sofort mit all
dem Dreck in der Ölwanne vermischt und den Motor zuwenig gut geschmiert.
Ursache: Die MON AMIE ist in den letzten Jahren vor unserer Zeit nicht
sehr viel bewegt worden. Mit den grossen jahreszeitlichen Temperaturschwankungen
in Holland müsste man aber, gefahren oder nicht, mindestens jeweils
im Herbst einen Ölwechsel machen. Das hat wohl wegen Zeitmangel nicht
immer geklappt. Nur war dieser 'Schaden' halt schon sehr latent und für
uns in Holland auf keine Weise bemerkbar. Trotz mechanischen Gutachtern.
Zudem sind davon natürlich beide Maschinen betroffen! Soviel zu Diagnose
und Ursache.
Durch die
enge Verbindung von Djibouti zu Frankreich hatte irgendjemand die Idee,
bei Vetus France zu bestellen. Das stellte sich als Desaster heraus. Es
ging sage und schreibe fast drei Wochen, bis das Paket endlich in Djibouti
ankam!
Inzwischen gab es Crewwechsel an Bord der MON AMIE. Thomas ging nach Hause
und Pascal, den wir in Kenya treffen wollten, flog uns wegen unserer Verspätung
entgegen. Wir freuten uns sehr auf ihn!
Dann endlich der grosse Tag: Voller Freude öffneten wir gemeinsam
das Paket und fanden - nur Katastrophe! Falsche Lager und zuwenig, schlicht
keine Hauptlager, dann noch falsche Glühkerzen und zu viele, nur
eine Zylinderkopfdichtung statt zwei... einfach alles falsch und für
uns unbrauchbar! Jetzt hatten wir endgültig genug von Vetus France.
Und natürlich auch von der örtlichen Speditionsfirma hier. Per
e-mail gaben wir unseren Anspruch auf Rückgabe bekannt. Mit solchen
Leuten kann man einfach nicht zusammenarbeiten.
Wir vegetierten
während der langen Warterei auf die Ersatzteile wirklich dahin an
diesem Ankerplatz, litten an der Hitze, konnten uns kaum waschen und waren
obendrein ohne Maschinen vor Winddrehungen etc. seemännisch gefährdet.
Und das seit Wochen! Wir brauchten zudem wahnsinnig viel Geld für
das teure Leben in Djibouti, die Mechaniker, Telefonate, und unser Zeitplan
drohte auch völlig auseinander zu fallen.
Nun versuchten wir unser Glück im Vetus-Headquarter in Schiedam.
Endlich jemand kompetentes an der Strippe, Ineka heisst unser Engel! Dieser
Name brannte sich sofort unauslöschlich in mein Gehirn ein! Schnell
war alles mit der Bestellung klar und 4 Tage später bekamen wir via
DHL problemlos die richtigen Teile, uff!
Djibouti
ist eine sehr schmutzige Stadt, heiss und hektisch. Man wird oft auf Schritt
und Tritt angebettelt. Vieles ist schwierig zu finden und manches sehr
schlecht organisiert. Obwohl Djibouti äusserlich den 'reicheren'
Eindruck macht als Sudan oder Eritrea. Doch seit der Unabhängigkeit
vor 25 Jahren zerfällt leider alles. Der arabische Einschlag im afrikanischen
Kontinent ist stark. Wir treffen auf viele sehr interessante und exotische
Eindrücke. Der grosse Gemüsemarkt ist vielfältig und die
Atmosphäre in den engen Gassen sehr lebendig. Der Fleisch- und Fischmarkt
ist jedoch nur etwas für ganz abgebrühte Augen und vor allem
Nasen. Pulsierendes Afrika!
Auch die Schreinerei,
die wir nach langem Hin- und Herfragen finden, erstaunt uns: kaum Holz,
dafür Abertausende von Fliegen! Doch wir kriegen von netten Menschen
ein schönes Stück Holz, welches die Unterlage für unseren
neuen Kompass geben wird.
Am Tag
nach Ankunft der Ersatzteile, fing Ali mit der Montage an. Es schleppte
sich dahin, die Tage vergingen, trotz unserem stetigen Pushen. Erst nach
bald einer Woche konnten wir dann die Motoren starten. Beide starteten sauber
und das Nageln war weg!! Juhui!!
„Ich glaube es erst, wenn wir fahren“ sagte Christa. Also legte
ich den Gang ein. Und siehe da: Das Boot bewegte sich nicht...!
„Wir
haben keine Leistung“, sagte ich verwundert zu Ali. Ihn kümmerte
das nicht gross, das Boot fahre ja. Nun ja, es bewegte sich doch. Aber
nur mit lahmen 2 Knoten bei Vollgas! Und vor allem: die Tourenzahl erreichte
nur die Hälfte der gewohnten Umdrehungen wie zuvor. Für Christa
und mich roch das nach schlechter Einspritzung oder falscher Ventileinstellung.
Dass die Motoren zuviel oder zuwenig Diesel bekamen. Oder den Treibstoff
zu spät oder zu früh erhielten. Oder der Rhythmus zwischen Einspritzung
und Öffnung nicht stimmte.
Für mich klar: regle das noch, Ali, bring es mit einigen Handgriffen
in Ordnung, dann sind wir alle glücklich und du kriegst dein Geld.
Doch er sass nur unschlüssig da, änderte da was am Standgas
und dort was am Gaskabelzug. Er erklärte, dass wir unbedingt den
Anker hochholen müssten, denn nur der reduziere die Geschwindigkeit,
er bremse uns. Nach unserem nautischen Verständnis war das unlogisch.
Wenn man in eine Spring eindampft, muss die Power auch kommen. Also sicher
auch auf einem kurzen Probierstück am Anker. Ausserdem hatten wir
60 Meter Kette rumliegen, genügend Bewegungsraum, um den Antrieb
zu testen.
Ausserdem zur Umgebung: es hatte etwa 5-6 Windstärken, dunkle Wolken,
Schwell... für Christa und mich nicht die wahre Freude mit zwei 'müden'
Motoren ankerauf zu gehen für nichts.
Als Ali am
nächsten Morgen wieder kam und von neuem ein Wahnsinnstheater wegen
Anker auf veranstaltete und mich beschuldigte, ihm sein Geld nicht geben
zu wollen, stellte ich ruhig mit ihm zusammen klar: okay, wir nehmen den
Anker hoch und gehen, wie er es wünscht. „Wenn, wie meiner
Meinung nach, die Touren bei 1200 stehen bleiben, habe ich Recht und wir
haben ein Leistungsproblem, das du dann lösen musst. Gehen die Touren
auf normale 2500 hoch, wie deiner Meinung nach, hast du Recht und wir
sind alle glücklich und zufrieden und du erhältst selbstverständlich
umgehend dein Geld“. „Okay“ sagte Ali zustimmend.
Also, hoch das Eisen! „Anker ist frei“ ertönt Christas
Rückmeldung, ich lege beide Gänge ein und wir schleichen los.
Ich gebe jetzt, unter Ali’s Blicken, Vollgas und wir schleichen
weiter. Keine Leistung, keine Geschwindigkeit. Die Tourenzahl bleibt bei
1200 stehen.
Ich sage, natürlich ohne Schadenfreude, zu Ali: „Siehst Du,
wir haben keine Power.“ Doch er will davon nichts wissen, wird sogar
richtig wütend. 'Wir sollen zur Ile Moucha rausfahren',
fordert er (denn es war mal beim Ausgangsdeal die Rede von einer Testfahrt
zur Ile Moucha, bevor bezahlt wird). Nun wollte unser lieber Mechaniker
also bei 6 Windstärken unser Schiff riskieren und zur Moucha rausschleichen
und zurück, damit er kassieren kann. Uns wurde es zu dumm und wir
ankerten wieder. Wir können doch nicht einfach bezahlen, ohne dass
die Motoren richtig laufen!
Puh, als der Anker wieder fest war, waren wir doch immer noch sehr stark
manövrierbehindert. Ich nahm Ali bei seinem Wort mit seinen versprochenen
Touren, die einfach nicht kamen, natürlich auch ohne Anker nicht.
Nun kam er
ganz anders: ich hätte etwas am 'Schiff geschraubt',
sodass es nicht auf die Geschwindigkeit käme, oder aber wir wären
schon so in Djibouti eingelaufen. Dass wir mit 2 Knoten nie durch die
Stürme auf die Nase und die Meerenge von Bab el Mandeb gekommen wären,
wollte und konnte er nicht verstehen, denn er ist kein Seemann. Dass ich
aber etwas am 'Schiff geschraubt' hätte, um ihn nicht
bezahlen zu müssen und das nach Auslaufen wieder 'entfernen'
würde, fand ich eine recht gemeine Anschuldigung. „Du bist
der Mechaniker“, sagte ich, „du musst wissen, wo zu schrauben
ist und wo nicht, du müsstest 'das' ja finden.“
Doch er schaltete auf stur. Ich nahm nochmals meine ganze Geduld und setzte
mich mit ihm ruhig auf den Bug, erklärte zum zehnten Mal, dass es
doch das Beste wäre, wenn er das Problem noch lösen würde,
mit Hilfe oder ohne, und dann alles okay wäre.
Doch auch als ich ihm sagte, dass Christa und ich die Leidtragenden wären,
die noch immer nicht auslaufen könnten, blieb er auf seiner sturen
Schiene, dass wir ihn betrügen wollten! Wütend, sein somalischer
Freund machte mit der Hand die eindeutige 'schneidenwirdemweissendochdiekehledurch-Geste',
fuhr er weg.
„Ich werde Dich zum Bezahlen zwingen, du wirst schon sehen!“
schmetterte er mir beim Wegfahren noch entgegen. Die Blicke vieler schwarzen
Jungs am Steg mimten eine deutliche Sprache. Uns wurde zum ersten Mal
am Ankerplatz gedroht!
Inzwischen
kamen meine Eltern über die Festtage zu Besuch. Ein schönes
Wiedersehen an einem unschönen Ort unter unschönen Umständen.
Trotz allem feierten wir ein tolles Weihnachtsfest. Sie hatten schwer
zu schleppen! Das ist immer so, wenn man Weltumsegler besucht: die Bestellliste
an Ersatzteilen ist stets lang! Doch auch wahrhaftig ein Rollschinken
und viele andere Dinge, sowie ein grosser Sack voll Weihnachtsgeschenke,
zauberten Mami und Papi Züger noch aus ihren Taschen! So gab es als
Weihnachtsmenü dürre Bohnen, Rollschinken und Bratkartoffeln.
Dazu öffnete ich eine Flasche meines Jahrganges, einen 1973er Chateauneuf-du-Pape!
Trotz der 6000 Seemeilen von Holland nach Djibouti in der Bilge der MON
AMIE war der Wein noch absolute Spitze! Dazu warfen wir uns, obwohl wir
den Maschinenraum am Heiligabend erst nach zehn schliessen konnten, in
unsere 'Galakleidung'! Der Abend war eine gelungene Abwechslung, denn
meist hatte uns der Ernst unserer Lage fest im Griff.
Einen
Tag später, als wir nach Einkäufen zurück zum Schiff wollten,
stand ein Angehöriger der Armee bei unserem Dinghy und passte uns
mit Ali ab. Der Soldat begann sehr autoritär Fragen zu stellen. Diese
waren stets zu unserem Nachteil geformt, so wie: „Wurde Ali zum
Wechseln der Lager angestellt? Ist das Nageln immer noch hörbar?“
Eingeimpfte Fragen. Wir mussten uns mutig stellen und sagten dem Soldaten
mit umgehängter Maschinenpistole kühn, dass wir das nur mit
Ali alleine besprechen würden und Ali jederzeit auf unserem Schiff
willkommen sei. Er kam auch eine Stunde später angefahren und rammte
uns einfach in die Seite! Christa stauchte ihn zusammen. Unmissverständlich
machte er klar, dass wir schon bezahlen werden, wir würden bald sehen
wie. Es wurde gefährlich!
Da zogen wir zum ersten Mal die Bezahlung in Erwägung. Aus Angst.
Obwohl seine Arbeit in unseren Augen nicht beendet war und wir immer noch
ohne Motoren dastanden. Mittlerweile waren wir bereits 2 Monate daran,
unsere Motoren in den Griff zu kriegen! Weil wir noch länger hier
bleiben mussten... mit irgendwem unser Motorenproblem lösen mussten...
meine Eltern noch sicher abreisen können mussten...!
Wird Ali
mit den Jungs zurückkommen? Bewaffnet? Oder gar mit Armee oder Polizei?
Wir hatten keine 'Institution', an die wir uns hätten
wenden können. Da merkt man, wie fremd man ist. Ich wollte hier weder
in den Knast, noch, und das vor allem: dass meinen Leuten etwas zustösst.
Christa ging runter, packte Dollars im Wert von Ali’s Restzahlung
aus und gab sie mir. Ich raste zum Steg und gab Ali das Geld.
Obwohl wir nun eigentlich nichts mehr zu befürchten hatten, machte
ich bis um vier Uhr früh Wache. Nichts geschah.
Der Besuch
meiner Eltern ging dem Ende zu. Leider konnten wir nicht eine Meile in
den schönen Golf von Tadjoura segeln. Und unsere Motoren funktionierten
noch immer nicht! Am Flughafen konnten sie uns schliesslich nur noch alles
erdenkliche Glück wünschen.
Und das kam:
Der wahre Dieselspezialist sei 'Pippo'. Ein Italiener, der für die
Suzuki-Garage arbeite. Dies war unser nächster Tip. Und diesmal hatten
wir endlich Glück.
Pippo kam dann jedenfalls zwei Tage später und schraubte nochmals
arg am Ventilspiel herum. Und hier und da. Nach Pippos Einstellungen kamen
wir dann auf fast 2800 Umdrehungen!
Tja, es war gerade kurz vor Mittag. Am Tag darauf war spät abends
Pascals Heimflug. „Los, gehen wir als Abschluss noch auf die Ile
Moucha“ war sein Vorschlag. Dort angekommen, gingen wir gleich noch
schnorcheln und machten ein cooles Abschiedsfest mit vielen vielen Drinks,
inmitten dieser schönen Inseln! Leider verpassten dies meine Eltern.
Am
nächsten Morgen ging es gleich wieder zum Riff und wir harpunierten
einen schönen Parrot zum Abschiedsessen. Am Abend tat es Pasci recht
weh, jetzt wo man den Golf von Tadjoura erkunden könnte, heimfliegen
zu müssen. Wir waren ein super Trio durch diese schwere Zeit und
er hat uns in allem sehr geholfen.
Nur: das
Vertrauen in unsere Motoren hat wieder schwer gelitten. So wollen wir
nicht gleich gegen den Wind durch den Golf von Aden. Mit Jemen und Oman
wieder etwas 'schwierige' Länder. Und piratenverseucht
ist hier halt auch die ganze Ecke etwas.
Also ein
Testtörn: So liefen wir aus in den Golf von Tadjoura und erkundeten
die tolle Gegend hier. Machten so richtig Ferien. Das Wasser ist wieder
türkisblau, die Fische farbig und zahlreich. Und statt den Nerven,
nach 3 Monaten Kampf mit den Motoren, Mechanikern, Djibouti, der Ali-Mafia
und allem, ist nun das Unterwasserschiff blank! Und: unsere beiden Motoren
schnurren wie Kätzchen. Das Vertrauen ist wieder da.
Für alles Logistische sind wir jetzt im Moment nochmals kurz zurück
in Djibouti. In ein paar Tagen laufen wir endlich aus nach Kenya! Eventuell
mit einem Stop in Oman. Je nach Wind, Motoren, George Bush, Verfassung
und Laune.
Wir sind bereit
und vollgebunkert. Wir haben 12kg Teigwaren, 10kg Reis, 15kg Mehl, 5kg Kartoffeln,
5kg Zwiebeln, 5kg Orangen, viel frisches Obst und Gemüse, über
100 Konservendosen, 10 Beutel 'Pasta Pronto', 15 Liter Milch, 10 Pack Müesli,
3 Pack Haferflocken, 20 Pack Chips, Polenta, Stocki, Böhnli, Linsen,
Couscous, Mayonnaise, Tomatenpüree, Öl, Zucker, Salz, Kaffeepulver,
Güetzi, 30 Rollen Toilettenpapier, Waschpulver, 12 Rollen Haushaltspapier,
Putzmittel, Petroleum, Benzin, 350 Liter Trinkwasser in Flaschen, dazu 100
Liter Reservetrinkwasser in Bidons, 600 Liter Wasser in den Tanks, 600 Liter
Diesel in den Tanks und zusätzlich 400 Liter Diesel in Bidons und vieles,
vieles mehr an Bord. Kenya
und die unausgetretenen Seglerpfade Ostafrikas mit ihren Naturwundern
rufen – wir kommen!!
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