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Und jetzt eine Existenz aufbauen
Die Reise ist vorbei, das Abenteuer zu Ende. Nach fast fünf Jahren auf hoher See ziehen Christa Scheidegger und Simi Züger mit Sohn Lenny Bilanz.
Barbara Siegrist
Lenny rüttelt an den Stühlen, läuft zur Rutschbahn, zeigt auf die Schiffe. Der Zweijährige ist quicklebendig, seine Eltern, Christa Scheidegger und Simi Züger,
strahlen. «Im Nachhinein ist es schon krass, wie wir mit einem Kleinkind, das Schiff voll gebunkert, zweimal über den Atlantik gesegelt sind», sagt Simi Züger.
Zehn Pack Pampers waren im Gepäck, der Kleine wurde jeweils mit vier Liter Süsswasser gebadet, mit dem fünften Liter die Seife weggespült. «Und falls Mutter
über Bord geht, hatten wir Milchpulver dabei», sagt Christa Scheidegger. Das meint sie ernst. «So realistisch muss man sein, wenn man eine solche Reise macht»,
erklärt Simi Züger.
Seit Lenny im November 2005 mit an Bord der «Mon Amie» segelte, hatten die beiden vorsichtiger geplant, sind sie lieber noch einen Tag länger im Hafen geblieben,
bis das Wetter wirklich stimmte. Auch das Bordleben ist komplizierter geworden, Lenny hielt die Eltern auf Trab, wer Wache schob, musste Lenny und das Schiff im
Auge behalten. «Wir hatten weniger Schlaf und kaum Zeit für uns», sagt Christa Scheidegger. Einmal allein auf Wache, wenn die beiden anderen schliefen, genoss sie
deshalb umso mehr die Ruhe und konnte gar einmal in einem Buch lesen.
Abseits der Jachtrouten
Das wichtigste Buch war das Logbuch, deren fünf haben die Segler gefüllt, von Amsterdam bis Port-Saint-Louis an der Rhonemündung, vom Frühsommer 2002 bis Spätherbst
2006. Im März 2002 haben sie sich im Barkenhafen auf ihre Abenteuer gefreut. Eine Weltumsegelung hätte es werden sollen, eine Afrikaumrundung ist es geworden.
Der Entscheid heimzukommen, fiel letzten Sommer in Brasilien. «Mit Lenny ist die Reise teurer geworden, wir konnten es uns schlicht nicht mehr leisten», sagt
Simi Züger. Drei bis vier Jahre hatten sie geplant, unterwegs zu sein, Patagonien und die Südsee hatten sie sehen wollen, nun ist es «nur» rund um Afrika geworden.
Aber immerhin 22 000 Seemeilen haben sie unter dem Kiel, was etwa dem Äquatorumfang entspricht.
Tiefpunkte waren die technischen Probleme am Schiff, wie der Motorschaden oder der Ruderbruch. Aber das lag nicht nur am Schiff, sondern auch an der Route.
Denn Simi und Christa haben nicht die ausgetretenen Pfade der Weltumsegler (Europa-Karibik-Pazifik-Australien) gewählt, sondern sind entlang der Ostküste Afrikas
und damit entlang von Drittweltländern gesegelt, in denen es keinen Jachttourismus gibt und damit keine ausgerüsteten Häfen.
Abenteuer auf See
Aber gerade dadurch haben sie viele Abenteuer erlebt, die sie nicht missen möchten. Etwa als sie vor Tansania einem schiffbrüchigen Fischer das Leben gerettet haben.
«Man kann heute wirklich noch Abenteuer erleben», sagt Simi. «Und wenn man draussen auf dem Meer ist, ist man ganz weit weg von zu Hause - das ist befreiend, aber
auch beängstigend.» Wirklich Angst hatten sie nicht. «Auf dem Meer kommen wir immer zurecht, das wussten wir», sagt Christa.
Krise an Land
Die Krise kam an Land. In Südafrika dachte Christa, inzwischen 32-jährig, an die Zukunft, wollte planen und Simi, ein Jahr jünger, musste sich erst an den Gedanken
gewöhnen. Dann haben sie sich für-einander und für Lenny entschieden und sich auch verlobt. Heiraten, das wollten sie nicht fern der Heimat. «Die Reise hat unsere
Beziehung gestärkt», sind sie sich einig. «Zu Hause hätten wir fünf Jahre länger gebraucht, soweit zu kommen, wie wir heute sind», sagt Simi.
«Und heute ist für mich ist die Zeit gekommen, eine Existenz aufzubauen», sagt Simi Züger. Dass er nach der langen Zeit der Eigenständigkeit selbständig bleiben will,
war für ihn schnell klar, auch dass er bei seinem Metier bleiben will. So haben er und Christa auf den langen Atlantik Überquerungen Pläne geschmiedet und Bücher mit
Skizzen und Notizen gefüllt. «Die nehmen wir heute noch hervor, mal ist eine Seite rauh vom Meerwasser, mal die Schrift verbogen vom Seegang, oder Lenny hat seine
Kritzeleien dazu gestellt.» lacht Christa. Entstanden ist darin aber das Gerüst zum neuen Unternehmen, zu «Züger Yachting».
Im Hafen von Cheyres am Neuenburgersee haben sie eine Segelschule eröffnet. Und mit ihrer Jacht «Mon Amie» bieten sie Törns im Mittelmeer an.
Eine Wohnung haben sie in Murten gefunden. Mit viereinhalb Zimmern sei sie riesig, finden sie und auch den wiedergefundenen Komfort, wie etwa den Kühlschrank
empfinden sie noch als Luxus. Und Lenny kann nun in der Badewanne nach Herzenslust im Süsswasser plantschen.
Die Reise im BT
«Vom Bielersee auf die Weltmeere» (30.3.2002),
«Die Reise von Amsterdam nach Djibouti» (31.12.2002),
«Über den Äquator ins tropische Afrika» (5.5.2003),
«Ein erschöpfter Schiff-brüchiger vor Sansibar» (23.9.2003),
«Sturm und Schaden vor Südafrika» (15.5.2004),
«Gefahr auf hoher See: Kollision mit einem Wal» (9.10.2004),
«Seeländer Segler trotzen dem Kap der Stürme» (9.2.2005),
«Babypause im Heimat-hafen» (4.8.2005),
«14 400 Minuten am Steuer» (13.10.2006),
«Heimwärts durch Stürme und Flauten» (2.11.2006),
«Noch einmal knapp dem Sturm entronnen» (22.2.2007). (bt)
www.segelnumdiewelt.ch, www.zueger-yachting.ch
Barbara Siegrist
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