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Heute schon gesegelt? www.zueger-yachting.ch  

Ausgelaufen!

Lemmer - Amsterdam - Ijmuiden - Scheveningen - Zeerbrugge - Oostende - Dover - Eastbourne - Brighton.

Nun haben wir knapp die Hälfte des Englischen Kanals im Kielwasser. Es waren schwierige erste Meilen. Unüblich stürmische Verhältnisse für diese Jahreszeit, und immer auf die Nase. Ein Tief nach dem anderen. Tag für Tag. In den kleinen Wetterfenstern mit Gegenwind unter 6 Beaufort, versuchten wir jeweils wieder etwas voranzukommen. Gar nicht so einfach, liegen zwischen Holland, Belgien und England die Häfen doch recht weit auseinander. Und dann die Gezeiten. Wasserstandsunterschiede bis 7 Meter! So mussten die Windverhältnisse auch mit den Strömungsverhältnissen zusammenpassen, denn einige Häfen kann man bei Niedrigwasser und viel Seegang nicht anlaufen. Von Oostende morgens um fünf Uhr bereits in der Auslaufschleuse mit Tagesziel Ramsgate, mussten wir uns nach über 45 hart erkämpften Seemeilen dem immer stärker werdenden Gegenwind beugen und wieder zurücksegeln! Nach schlussendlich 10 weiteren Sturmtagen in Dover haben wir nun die berühmte Strasse von Dover geschafft, und endlich können wir mit guter Wetterprognose die Überquerung der Biskaya in Angriff nehmen!

Mit frisch gesandstrahltem Unterwasserschiff konnten wir es kaum erwarten die Werft im Landesinnern Hollands zu verlassen und durch die Kanäle wieder nach Lemmer zu fahren. Da wurde der Mast wieder gestellt und die allerletzten Vorbereitungen zum Auslaufen getroffen. Dann kam der grosse Moment: Auslaufen zur Weltumsegelung! Tolles Gefühl, macht man ja schliesslich nicht jeden Tag! Am Abend davor waren wir noch bei Freunden im Hafen zum Abschiedsapéro eingeladen. Nach Mitternacht leicht angeschwipst zurück auf der MON AMIE, wollte Christa unbedingt noch das Flaggenalphabet und alle Länderflaggen die wir bereits an Bord haben aneinanderreihen und am Mast hochziehen. "Damit wir bereits frühmorgens über Top geflaggt sind!" Irgendwie kam es wie es kommen musste: irgendeine Leine gab nach, irgendeines der Falle schoss hoch. Für irgendjemanden von uns zwei - morgens irgendwann nach eins - noch 16 Meter hoch in den Mast zu klettern, fanden wir dann doch irgendwie zu gefährlich! Der grosse Tag war nah, wir brachten vor Nervosität natürlich kein Auge zu. Gleich nach Sonnenaufgang stieg ich dann, von Christa gesichert, in den Mast hoch. Musste ja niemand sehen!

Pünktlich um elf Uhr liefen wir bei bestem Wetter und unter grossem Gehupe aus dem Yachthaven de Punt in Lemmer aus. Neben einem Champagnerkorken liessen wir auch ‚Schweizerkracher' und ‚Luftheuler' knallen - zum Erstaunen des ganzen Hafens! Nach der kurzen Nacht verfehlte der Champus auch nicht seine Wirkung, und beschwingt fuhren wir zum letzten Mal durchs Fahrwasser ins Ijsselmeer hinaus. Aus dem Logbuch: "Wir stossen an auf gutes Gelingen der Reise. Über die Toppen geflaggt winken wir noch lange... wir laufen ohne Wehmut aus, sind ganz kribbelig auf all die Abenteuer die jetzt kommen!! Dann ist auch schon der erste Kick da, die Schleuse bei Enkuizen ist reichlich voll und eng - und wir mit Abstand die grösste Yacht... wir kommen gut voran, so fahren wir gleich 82 Seemeilen durch nach Amsterdam! Das ist irrsinnig, wer fährt schon auf eigenem Kiel als Start einer Weltumsegelung mitten in eine solche Metropole?! Wir!!!"

In Amsterdam steigen als Verstärkung für den Englischen Kanal und die Biskaya mein Vater und unser Freund Toni auf die MON AMIE zu. Die Wiedersehensfreude ist gross! Wir motoren von Amsterdam den Kanal runter Richtung Nordsee. Nach der letzten Schleuse schwimmt die MON AMIE endlich im Salzwasser! Doch wir haben 7 Windstärken Gegenwind und müssen zwei Tage im Hafen von Ijmuiden bleiben.

Statt zu warten, erledigen wir noch diverse Arbeiten an der MON AMIE und machen dabei noch eine böse Entdeckung: bei der Backbordmaschine ist eine Motorenstütze über dem Silentblock gebrochen! Am nächsten Tag können wir nach Scheveningen auslaufen. Dort angekommen, kämpfen Toni und ich uns gleich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln über Den Haag nach Schiedam durch, dem Hauptsitz von Vetus Int. Unser Erbauer der MON AMIE hat praktisch die ganze nautische Ausrüstung von Vetus bezogen. So sind wir also gleich an der Quelle und kaufen auch sonst noch ein paar Dinge, die wir von Vetus brauchen. Schon nach wenigen Tagen muss uns Toni dann in Belgien leider verlassen, sein schwerkranker Vater braucht ihn.

Nunmehr zu dritt kämpfen wir uns, stets mit Gegenwind und Sturmgefahr, bis nach England durch. Doch in Dover ist kein Vorwärtskommen mehr möglich. Ein Sturmtief nach dem andern knallt vom Atlantik kommend voll auf die Britischen Inseln. Die Hafenmole von Dover ist selbst für Fussgänger gesperrt! Trotzdem können wir eindrückliche Filmaufnahmen vom Sturm machen die durch Mark und Bein gehen.

Schlussendlich werden wir 10 volle Tage in Dover von den Tiefdruckgebieten festgehalten. Dies strapaziert auch die Terminplanung von Papi Züger über. Dazu ist in der Schweiz seit Tagen bestes Sommerwetter, und wir tragen in Südengland noch immer Faserpelz und Ölzeug...
Die Angestellten im Internetcafé kennen bereits die drei Schweizer, die jeden Tag Wetterkarten und Satellitenbilder herunterladen! Es sieht weiterhin nicht gut aus. Schlussendlich buchen wir für Papi die Schnellfähre nach Oostende und den Zug über Brüssel in die Schweiz. So überquert er die Strasse von Dover noch einmal - nur schneller! Der Abschied trifft uns alle hart, waren wir doch ein super-harmonisches Trio. Doch so kann das Wetter sein, und zudem sind wir ja erst am Beginn unserer Reise. Wir gehen zum Abschied nochmals schick aus - Papi lädt ein - und feiern bis spät in die Nacht!

Also, nun sind wir ‚nur' noch zu zweit für den Englischen Kanal und die Biskaya bis nach Palma. Die Originalcrew. Zwei Tage später versuchen wir auszulaufen, doch der Wind ist immer noch zu stark und drückt uns zurück nach Dover. Langsam hängt uns Dover richtig zum Hals raus.

Weitere zwei Tage später klappt es dann endlich. Wir kommen von Dover los! Ein weiteres highlight in den kommenden Tagen ist unsere Selbsteueranlage von Windpilot. Zum ersten Mal haben wir sie versucht. Davor war es uns, wegen den wechselnden Winden und dem gigantischen Schiffsverkehr in der Strasse von Dover, noch nicht möglich gewesen, die Anlage zu testen. Wir stellen sie also zum ersten Mal ein, so als ob wir nie etwas anderes gemacht hätten! Der Windpilot hält die MON AMIE auf Kurs wie von Geisterhand gesteuert. Kein Stromverbrauch und absolut leise. Einfach super! Wir nehmen den Windpiloten als weiteres Crewmitglied an Bord auf, ist es doch unsere wichtigste (und teuerste) Anschaffung. Als Zweiercrew erachten wir für uns eine Windselbststeueranlage als unumgänglich, sodass nicht immer jemand von uns am Ruder stehen muss. Nun gehen wir bei Regen ganz cool unter unserem Cockpitdach ‚schön trocken' Wache!

Also, morgen laufen wir aus Richtung Biskaya. Wir wollen endlich in den Süden, an die Sonne! Hoffentlich ist uns ‚the Bay' wohl gesinnt! Und dann, in hoffentlich mehr als ‚Siebenmeilenschritten', nach Palma. Dort erwarten uns unsere Freunde von der Ermar Mallorca, und - der Besuch von Christas Eltern!

 
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